Luzerner Lehrer kurz vor der Pensionierung: «Die Arbeit ist sehr befriedigend»

2022-09-02 17:34:00 By : Admin

Paul Gerig ist eine von 176 Lehrpersonen im Kanton Luzern, die am Mittwoch ihre Pensionierung feiern durften. Über 3000 Lernende hat er in seiner beruflichen Laufbahn unterrichtet. Sie werden ihm denn auch fehlen.

«Die Kinder verstehen, sie zu motivieren und ihnen Neues beizubringen, das hat sich in den über 30 Berufsjahren nicht verändert», betont Paul Gerig. Der Deutsch- und Englischlehrer nimmt zurzeit seine letzten Lehrabschlussprüfungen am Berufsbildungszentrum Willisau ab und feierte am Mittwoch – zusammen mit 175 anderen Lehrerinnen und Lehrern des Kantons Luzern – seine Pensionierung. Verändert haben sich dafür die Umwelt, die Gesellschaft, sagt er. Als er das Lehrerseminar in Zug besuchte, seien Ideen wie die antiautoritäre Erziehung oder die Lehren von Rudolf Steiner aktuell gewesen. «Eigentlich alles, was gegen die etablierte Schule ging», erinnert er sich. Heute sei das Schulsystem manchmal etwas zu zentralistisch, so werde die Kreativität der Lehrpersonen eingeschränkt.

Als Paul Gerig als 14-Jähriger einen Berufstest ausfüllte, legte man ihm nahe, Musiklehrer zu werden. «Ich habe dann tatsächlich später sogar Blockflöte und Trompete unterrichtet. Es hat mich schon erstaunt, dass man bereits so früh feststellen konnte, dass der Lehrerberuf mir liegen könnte», erzählt der 65-Jährige, der am 1. Juni Geburtstag feierte. Seither hat der Geuenseer als Lehrer alle Schulstufen durchlaufen, von Primar- über Sekundarschule, Berufsschule bis zur Erwachsenenbildung. «Mir hat die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen schon immer gefallen. Ich fühle mich wohl mit ihnen, die Arbeit ist sehr befriedigend.»

Dabei ist Paul Gerig zum Schluss gekommen, dass jede Altersgruppe etwas für sich habe: Bei den Primarschülern habe er die Vielseitigkeit und den Jahreskreis geschätzt, in der Oberstufe die Lager und später die Herausforderungen des Sprachunterrichts für Berufsmaturanden. «Um einen Draht zu den Lernenden zu bekommen, habe ich mich immer dafür interessiert, was ihnen wichtig ist», verrät er.

Über 3000 Schülerinnen und Schüler hat Paul Gerig in seinem Berufsleben ausgebildet und dabei verschiedenste Entwicklungen im Bildungsbereich miterlebt: «Die neuen Technologien und didaktischen Hilfen haben im Sprachunterricht viele Vorteile gebracht. Die Resultate, die die Lernenden heute vorweisen, sind beeindruckend: Sie präsentieren viel besser als früher, sind in ihrem Berufsalltag viel mehr mit Fremdsprachen konfrontiert.» Tiefpunkt seines Berufslebens seien die rigorosen Sparmassnahmen des Kantons gewesen, die an die Substanz gingen.

Die Freude am Beruf drückt sich auch im Engagement aus: Einmal malten Paul Gerig und sein Kollege tagelang an Blättern, die den Arbeitsalltag der Bauern im Jahresverlauf zeigten – und verloren sie auf dem Töffli auf dem Weg zur Schule. «Und einmal arbeitete ich bis spät nachts und bemerkte nicht, dass der Abwart mich eingeschlossen hatte. Da musste ich mich aus dem WC-Fenster abseilen», erinnert er sich schmunzelnd. Alle Pannen habe er aber nicht vor den Lernenden verbergen können – etwa, als beim Turnen in der Fünf-Minuten-Pause seine Hose riss oder als er sich beim Sprachaufenthalt in London ohne Stadtplan verlief.

Orientierungslos ist Paul Gerig für seinen nächsten Lebensabschnitt nicht. Er möchte seine Leidenschaft für Geschichte und Sprachen weiterleben, auch ein Arbeitseinsatz in einem anderen Land reizt ihn. «Doch erst mal runterfahren, das Lebenstempo drosseln und dann kommen die Ideen schon.» Die Kollegen und die Lernenden werden ihm aber durchaus fehlen.